Dienstag, 5. Mai 2009

Körperkultur

Nichts gegen die Handballtradition eines MTSV Schwabing oder die altehrwürdige Universitätsreitschule, aber Sport, nein der Sport ist hier im Viertel wirklich nicht daheim. Die Sporthelden bevorzugen Gern, Grünwald oder Herzogpark, während der Planet Schwabylon eher Sportschicksen wie Sandy und Verena anlockt, eben bella figura statt Körperertüchtigung.
Wenn aus den Tiefen des Englischen Gartens einmal ein Ausnahmesportler wie Göktan sich in die Sportseiten der AZ und SZ hochdribbelt, kann es auch nur ein böses Koksende nehmen. Die Rasenkünstler der Eisbachliga wollen nicht unnötig schwitzen, oder etwa jemanden besiegen, ihnen dient die Bewegung dazu, gut auszusehen, cool auszusehen und möglichst nahtlos braun zu werden. Da reicht es vollauf, Frisbee zu spielen, Federball oder auf einem schnell gespannten Seil zu balancieren, als Münchner Antwort auf den Cirque de soleil.
Die wahren Stars in der Manege machen sich aber nicht mit den Gammlern und Langhänsen auf der grünen Wiese gemein, sie pilgern mit Beginn der Freibadsaison am 1. Mai zum Kaiserbecken ins Ungererbad. Die dort zur Schau gestellten Brustimplantate mögen schon ein paar Jahre alt sein, der Tanga nicht aus der neuesten Kollektion und der braunlederne Hautton von viel Tagesfreizeit zeugen, aber an Gelassenheit und Würde kann es niemand mit ihnen aufnehmen.
Und wenn es diesen Sommer mal ausnahmsweise kein Kaiserwetter geben sollte, bleibt den Lebenskünstlern und ewigen Studenten die neue Minigolfboutique in der Amalienstraße 46. Eine Indoorbahn oder vielmehr so winziges Bähnchen, dass man auch vom Minigolf in der Dose sprechen könnte.

Dieser Text sollte in der Mai-Ausgabe des Münchner „Spy Magazins“ erscheinen. Versehentlich wurde aber erneut meine April-Kolumne abgedruckt.